Der Schatten des Adlers by Utta Danella

Der Schatten des Adlers by Utta Danella

Autor:Utta Danella [Danella, Utta]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Tags: Roman
Herausgeber: Heyne
veröffentlicht: 2014-05-28T05:56:20+00:00


Allzu lange wurde es mir nicht vergönnt, mit ihr allein zu sein. Gerade als ich dachte, ich müsste irgendetwas sagen oder tun und ob sie wohl spürte, wie mein Herz an ihrem Rücken klopfte, kam Molina hinter uns aus dem Haus.

»Störe ich?«, fragte er, es klang ein klein wenig anzüglich. Irina war nicht im Geringsten verlegen. Sie löste sich sacht von mir, drehte sich zu ihm und machte: »Hm?«

Es klang sehr weich und verträumt, und meine Augen, die sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnten den Ausdruck ihres Gesichts erkennen, es war auch weich und verträumt, und sie war so schön, so schön … aber ich wollte das ja nicht mehr extra betonen.

Ich räusperte mich, war verlegen und sagte: »Hat Burger Sie mit seinen Schauergeschichten vertrieben?«

»Auch«, sagte der Anwalt, und es klang gut gelaunt. »Mein Bedarf an Mord und Totschlag ist im Moment gedeckt. Ich bin schließlich kein Strafverteidiger. Außerdem ist es momentan meine Aufgabe, über die gnädige Frau zu wachen. Und sie zu behüten. Aber wie ich sehe, haben Sie sich dieser Aufgabe bereits ermächtigt.«

Ehe ich darauf etwas erwidern konnte, möglichst etwas Gescheites, lachte Irina leise und sagte: »Das hat er ja schon vorgestern Abend getan. Ohne das Eingreifen von Herrn Lanz wäre ich vermutlich in einem Abgrund gelandet.«

»Und wovor behüten Sie die gnädige Frau zurzeit, Herr Lanz? Ein Mörder läuft hier wohl nicht mehr herum.«

»Wir haben den Stern betrachtet«, sagte Irina ernsthaft. »Den Stern? Was für einen Stern?«, fragte der Anwalt verblüfft.

»Der dort, der große helle, direkt über dem Fluss. Ich wüsste gern, wie er heißt.«

»Seit wann interessieren Sie sich für Astronomie?«

»Gar nicht. Ich weiß nicht, es ist nur …« Sie verstummte.

Ich sagte: »Ich habe den Stern schon gestern Abend gesehen. Und es schien mir, als stehe er direkt über der Bucht da unten. Und ich fragte mich, ob er wohl den Mord gesehen hat. Und den Täter kennt.«

»Sie hätten die Polizei auf diesen eventuellen Zeugen aufmerksam machen sollen, Herr Lanz«, fand Molina, in seiner Stimme klang Spott. Ich ärgerte mich, dass ich das gesagt hatte, das von dem Stern.

Sie sagte nachdenklich: »Ich habe etwas anderes gedacht. Ob dieser Stern wohl das Letzte war, was er gesehen hat, ehe er starb.«

Ich hätte ihr sagen können, dass er mit dem Gesicht nach unten lag, dort in der Bucht, und dass er wohl schon tot war, als der Stern hervorkam – aber wozu, sie musste das nicht alles so genau wissen.

Molina stand neben uns und blickte nun auch interessiert zu dem Stern hinauf. »Einen Namen wird er schon haben. Und da man ihn nicht nur hier sieht, sondern vermutlich anderswo auch, werde ich mich sofort erkundigen, wenn ich wieder in Wien bin, wie er genannt wird. Stets zu Ihren Diensten, Madame.«

»Ach, in Wien«, sagte sie wegwerfend. »Es ist gar nicht wichtig, wie die Sterne in den Städten heißen. Dort gehören sie nicht hin. Sterne muss man draußen sehen. Wissen Sie, was ich immerzu denken muss, seit ich hier bin, Doktor? Ich muss an das Tal denken, von dem mein Mann manchmal sprach.



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